Werkgruppe zeit der zerstörung, Acryl auf Leinwand, 2022
Zur Ausstellung „Zeit der Zerstörung“
Seit Putins Überfall auf die Ukraine hat mich der Krieg, wie uns alle, umgetrieben und nicht mehr losgelassen. Wie aber als Malerin umgehen mit den Schrecken, die uns die Medien Tag für Tag ins Wohnzimmer bringen? Das Morden, das Sterben ästhetisieren? Emotionalität auf die Leinwand bringen? Wie soll das gehn? Die ersten Wochen war ich wie gelähmt und konnte das Leid und das Elend der ukrainischen Bevölkerung einfach nicht verbildlichen. Ich habe mich dann für eine halbwegs sachliche Darstellung von Tod und Verwüstung entschieden, wollte das ungeheuerliche Ausmaß an Zerstörung, wie ich es wahrgenommen habe, „bannen“, indem ich es mir von der Seele gemalt habe.
Das leuchtende Frühlingsblau, das eigentlich für Aufbruch und Heiterkeit steht, habe ich in meinen Arbeiten als schmerzhaften, fast ironischen Gegensatz zu dem furchtbaren Geschehen versucht sichtbar zu machen
Almut Aue, November 2022
Einführungsrede (pdf) von Hanna Rut Neidhardt zur Ausstellung, Eulengasse 04.11.2022
uhr ohne zeiger
den schatten voraus
die das land überfallen
das heute ins gestern
die zukunft ins heute
werfen
in diesem moment
die seufzer der ratten
das sinken des schiffs das
erzittern der fronten
die linien nachziehend
unter der uhr ohne zeiger
steh ich und warte
©almutaue
wände und wölfe
scheinwerfer tasten
wände und mauern ab
lauern ob wanzen drin tanzen
horchen ob weit entfernt
wölfe und eulen heulen
grenzgänger schlucken
papiere ducken sich
unter dem mond
kalt ist der nordwird
schlafsäcke wickeln sich
um erfrorene füße
grenzgänger verzweifeln
im grenzgängerland
fünf vor zwölf
kommen
die wölfe
©almutaue
insomnie
im zwiegespräch
mit gespenstern
und einer furchtbaren
dunkelheit
ereignet sich nichts
nichts ereignet sich
„nur“
ein mördrischer krieg
und
das hämmern in deinem kopf
tausend schlaflose
nächte
©almutaue
frühling
ach frühling dein
zwitschernder flügelschlag
holder verschwender
wie die säfte rumoren im baum
hellgelbe tupfer im gras an den
feldrändern unverhofft mohn
unter blau flatternden bändern
staunendes grün einfach und schön
doch hör den specht hacken
das schöne ist nichts als
des schrecklichen anfang
schrill das gezeter der amsel
es meldet krieg
ach frühling wie kannst du
es wagen tag um tag das normale
zu singen den tauglanz der gräser
unverfroren leerst du
dein füllhorn aus überm
verwüsteten land
ich seh dich gleichmütig gegen
den schmerz und alles was blind
die triebwerke anheizt
im gedröhn der zerstörer
das zwitschern hör ich nicht mehr
brieftauben übernehmen
aus den himmeln fällt
im dröhnen sich öffnend
die büchse der pandora
©almutaue