Almut Aue, Bilder & Collagen, 1990 – 1993.
Kaiser-Wilhelms-Bad, Bad Homburg, 06.06.1993.

Einführungsrede von Julius Becke (Auszug)

Almut Aue, wie ich weiß, gibt allerlei Töne von sich, wenn sie malt:
atmet schwer, stöhnt, sicherlich jauchzt sie auch. Legt große Bögen, gern auch rauhes Packpapier, auf den Boden und macht sich über sehr viel Raum her, der sie verschlingen könnte. Der Ausbreitung wegen legt sie in letzter Zeit zwei, drei Bögen nebeneinander. Erlebt nun Grenzen in ihren Bildern und das Vergnügen, diese zu überspringen. Was wir im wirklich Leben schwerlich können, machen wir in der Kunst am liebsten.

Wie hier also Grenzüberschreitung, so kann andernorts Eingrenzung erlebt werden: Linien, aus der Übung figürlicher Zeichenkunst gewagt, umgrenzen, tasten träumerisch, ohne jede Routine, eine Fläche für unsere phantastischen Gestalten.

Und was die Farben anlangt, da leuchtet sie uns heim! Viel Rot. Dem setzt sie gern ein bisschen Gift zu. Dann wird es Pink. Und oft stößt kaltes Blau dazu. Ihr Grün ist eher Naturgewalt als Blätterhauch. Pastell-Töne überhaupt nicht. Dann schon lieber Weiß. In dem ist noch alles möglich.

So sehr der Schwung ihrer Pinselbewegungen aus der Vision von Menschenkörpern kommt, Körpern, die zusammengeraten sind, sich verstoßen, vereinigen, verstören – so sehr reizt sie auch die Statik der Stadtlandschaft, wie als tröstendes Gegenstück. Zwar hochdifferenzierte Wahrnehmungsvielfalt, aber dennoch ein Ort, wo wir vielleicht bleiben könnten. Sie signalisiert das mit ins Bild collagierten Teilen von wo-weiß-woher. Aber dann ist wohl die Stadt doch wieder über sie hereingebrochen, schwarz wie die Eisen des Eiffelturms, der mit uns abstürzt.

Almut Aues Malerei hat äußerste Intensität. Ihr können wir uns schwerlich entziehen.

 

© Julius Becke, Bildender Künstler und Lyriker