Almut Aue „viel zeugs“,
Ausstellungsraum Eulengasse, 02. – 25.11.2012.
Vernissage und Performance am 02.11.2012.

 

Einführungsrede: Brigitta Amalia Gonser, Kunstwissenschaftlerin

Almut Aue gibt vor, mit ihrem Collage-Material zu spielen. Sicherlich hat sie einen spielerischen Ansatz. Wenn man sich die Collagen ansieht, könnte man meinen, dass es zufällig und auch verspielt sei. Ist es aber nicht. Denn sie konstruiert ihre Bildkompositionen aus dekonstruierten Elementen: dazu zerstört, zerreißt sie eigene oder gefundene Bilder, also objets trouvés, und spielt puzzleartig mit den farbigen Papierfetzen, wobei sie stets gezielt überraschende Spannungsmomente mit einbaut.

Almut Aue komponiert ihre Collage-Bilder nicht mit abgestuften Farbnuancen, sondern mit kräftigen Farbkontrasten. Sie werden in dieser Ausstellung immer wieder einem farblichen Kontrastpaar begegnen: und zwar schwarz und rot oder orange. Das sind zwei sehr starke Farben, die aufeinanderstoßen. Und das Interessante dabei ist, dass sie das Schwarz umfunktioniert. Sie schafft damit Tiefe. Sie schafft Raum aus Schwarz. Sie geht so weit, dass sie auf die schwarzen Flächen Fußabtritte hinterlegt und so den Betrachter mit ins Bild hineinzieht. Und sie geht vorsichtig damit um, so dass die Figuren, die assoziativ sind und keine figürlichen Strukturen aufweisen, eine Bewegungsspannung haben. Bewegung und Spannung werden gegeneinander ausbalanciert.

Häufig arbeitet sie, was ich sehr schön finde, mit Bildelementen aus eigenem Zeichenmaterial. Sie setzt diese fragmentarischen Zeichnungen quasi so ein, als seien es Reproduktionen von Almut Aue. Sie zitiert sich sozusagen selbst. Und das Interessante dabei ist, dass sie eine sehr musikalische Stimmung schafft. Es ist eine Stimmung vorhanden, die besonders gut zum Ausdruck kommt, wenn wir uns die drei Arbeiten dort vorn betrachten, die zusammen ein richtiges Triptychon bilden. Die spannungsvolle Zuordnung von kleinteiligen und großflächigen Elementen und deren Farbklang verleihen den Collagen Rhythmus. Das ist gewollt. Es ist auch gewollt, dass sie einige der orangenen und schwarzen Figuren im letzten Moment abgerissen und wieder neu konstruiert aufgeklebt hat. Die Figuren bewegen sich voneinander weg und aufeinander zu. Auf diese Weise ergeben sich interessante Überlappungen. Sie schiebt die Papiere raffiniert unter- und übereinander und überlappt sie dann noch einmal erneut. Man kann sehen, wie sie mit Worten und mit Buchstaben, aber auch mit grafischen Elementen konstruiert. Zwei ihrer Collagen haben mit ihren schwarzen Netzstrukturen etwas ausgesprochen Konstruktivistisches.

Was ist Collage? fragen wir uns vor diesen farbenprächtigen Arbeiten von Almut Aue.
Max Ernst definiert es 1962 in seinen „biographischen Notizen“ folgendermaßen:

„Collage-Technik ist die systematische Ausbeutung des zufälligen oder
künstlich provozierten Zusammentreffens von zwei oder mehr wesens-
fremden Realitäten auf einer augenscheinlich dazu ungeeigneten Ebene
– und der Funke Poesie, welcher bei der Annäherung dieser Realitäten
überspringt.“