Aus Brigitta Amalia Gonsers Einführungsrede zur Vernissage, Gallus Theater, 2015.

Sie hat sich eben selbst kryptisch (mit eigenem Text) vorgestellt.
Begrüßen Sie mit mir die vielseitig talentierte Frankfurter Künstlerin Almut Aue im Foyer des Gallus-Theaters, wo sie schon 1995/96, damals noch in der Kriftelerstraße, die Ausstellung “as the ceiling flew away“ gezeigt hat. In Jena geboren, absolvierte sie nach einem Studium der Malerei an der Frankfurter Städelschule, bei Prof. Lammeyer und Prof. Battke , anschließend ein Studium der Kulturwissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Es folgten eine Lehrtätigkeit an einer Frankfurter Gesamtschule und vor allem zahlreiche Studienaufenthalte in Frankreich, Italien, Griechenland, Nicaragua, Guatemala, Honduras, Tunesien, New York.
Seit 1990 stellt sie kontinuierlich in mehreren Frankfurter Galerien aus.
In den letzten zehn Jahren ist sie vor allem im Ausstellungsraum Eulengasse aktiv, dessen langjähriges Mitglied sie ist.
Einzelausstellungen hatte sie aber auch in Villingen-Schwenningen, Bad Homburg, Offenbach, Neu-Anspach/Ts., Darmstadt und Eschborn.

Almut Aue ist primär Malerin, aber ebenso auch Zeichnerin und Lyrikerin.

Zwei zeitnah entstandene, miteinander kommunizierende und zugleich stilistisch komplementäre Serien in Acryl auf Leinwand stellt Almut Aue jetzt in dieser Ausstellung im Foyer des Frankfurter Gallus-Theaters aus, dabei treffen malerische auf graphische Strukturen.
Sie wählte dafür den metaphorischen Titel „schwarzbrechen“, als Verweis auf ihre hier explizit werdende malerische Intention, das Absolute der Farbe Schwarz und deren konnotativen Symbolgehalt zu brechen.

Die Frage, ob Schwarz Farbe oder Nichtfarbe sei, haben sich Künstler immer wieder neu gestellt. Für Renoir war sie “die Königin der Farben”, für Kandinsky die “klangloseste Farbe“, für Pierre Soulages, den “Maler des Schwarzen”, brachte sie die “Inthronisierung des Lichts“, für Henri Matisse bedeutete sie schlicht “die Farbe des Lichts” und Kasimir Malewitsch schuf mit seinem kleinen schwarzen Quadrat auf weißem Untergrund eine Ikone der abstrakten Malerei.
Auch die nordamerikanischen abstrakten Expressionisten Willem de Kooning, Jackson Pollock, Barnett Newman, Robert Motherwell, Mark Rothko und Ad Reinhardt integrierten Schwarz in ihre Malerei.
Dabei ist Schwarz physikalisch gesehen keine eigene Farbe, weil sie durch die Absorption aller Spektren des Lichts eigentlich die Abwesenheit von Farben repräsentiert.
Almut Aue ist auf der Suche nach dem mentalen Feld des metaphysischen Schwarz, nach dem was Pierre Soulages “Outrenoir”, das jenseitige Schwarz, nennt.
Wie er, geht sie auch davon aus, dass Malerei ein Feld ist, in dem sich Formen organisieren und wieder auflösen.
Dabei gelangt Almut Aue zu einer lyrischen Abstraktion.

So können wir beim Betrachten ihrer Bilder auch eine spirituelle Erfahrung machen. Oder wir stehen irritiert vor der unbewussten Anziehungskraft des ewig Weiblichen. Denn Schwarz materialisiert sich bei ihr sowohl in suggeriert plastischer Figuration als auch in amorpher Abstraktion.
Dazu assoziieren sich leuchtende Farben: Blau, Rot, Pink.
Sicher gehört Schwarz, wie Weiß und Grau, zu den unbunten Farben. Schwarz aktiviert aber andere Farben, es macht sie heller und klarer.
So den dünnen pinkfarbenen Faden, der den großen schwarzen Block ironischerweise zu sprengen droht.
Während die bedrohliche Schrägstellung eines weiteren großen schwarzen Feldes die dunkle Seite der menschlichen Seele zu berühren scheint.
Schwarz ist in ihren Bildern die aktivste Farbe.
Und in ihrem kleinformatigen Triptychon treten die abstrakten schwarzen Formen zueinander in einen schwebenden Dialog.

Aber diesen malerischen Arbeiten gingen jene der graphischen Serie voraus, auf denen sich chaotische schwarze, graue und pinkfarbene Linienstrukturen zu einem kraftvollen expressiven Kosmos ordnen.
Wobei die Teile des Quadriptychons miteinander kommunizieren und die schwarzen Linienknäule von einem hellblauen Feld getragen werden.
Die Assoziationen, die diese Bilder beim Betrachter hervorrufen sind ebenso ambivalent wie die Farbe Schwarz in der Magie, in Religion und Mythos.
Wahrscheinlich bändigt aber Almut Aue darin auch aufkommende Aggressionen gegen den nervigen Baulärm in ihrem Feriendomizil bei Como, in Italien, 2013, wo diese beiden hier gezeigten Serien entstanden sind.
Letztlich relevant bleibt, dass Almut Aue mit großer Sensitivität und kreativem Enthusiasmus zu Werke geht und ihre bildkünstlerische Abstraktion in ihren gestisch freien Kompositionen sichtbar steigert.

Wir wünschen ihr damit weiterhin viel Elan!

 

Brigitta Amalia Gonser ist Kunstwissenschaftlerin.